Zu einem verlängerten Wochenende gehört auch immer ein Programm. In Düsseldorf lebend bietet sich natürlich auch schon so einiges vor Ort an. So ist vor nicht allzu langer Zeit das Restaurant Ross & Reiter als Neuling am Platze hinzugekommen. Es steht definitiv auch demnächst als Anlaufpunkt an, doch vorher geht es einmal über die Stadtgrenze hinaus ins Haus Stemberg welches in Velbert liegt. Sascha Stemberg kennt man aus „Funk & Fernsehen“, unter anderem hat er sich schon in Kitchen Impossible mit dem Hamburger Koch Tim Mälzer duelliert.
Das Haus Stemberg ist eine Institution, denn hier wird seit 1864 Speis- und Trank angeboten. Entsprechend ist das Interior anzutreffen, sehr klassisch, sehr Fachwerk und ohne schnöde Tischdecken. Man wird herzlich vom Chef oder der Chefin empfangen, an den reservierten Tisch gebracht und die Jacken werden im Winter auch zuvorkommend abgenommen. Man merkt beim Eintreten das hier viel Qualität, eine hohe Expertise und ein Auge für das Detail vorhanden ist. Als Aperitf schmeckt der Klassiker ein Martini Rosso on Ice wie immer sehr gut. Mit 4.5 Euro ist dieser zudem auch fair bepreist. Die Speisekarte bietet Klassiker wie ein Wiener Schnitzel, ein Kotelett vom Wuppertaler Sonnenschwein oder auch ein überregionales Produkt, wie das gereifte Entrecote vom australischen Weiderind. Dazu werden ein kleiner Salat, Kartoffelpüree oder auch Pommes serviert. Aber erstmal fängt das Mittagessen mit einem sogenannten Amuse Bouche an, also einem kleinen Happen zum Aperitif. Das Blumenkohl-Süppchen ist im Geschmack perfekt balanciert und konzentriert, der Aal mit etwas „crisp“ ist ebenfalls ein Genuss. Auch lobend zu erwähnen darf man das dazu gereichte Bauernbrot mit dem Olivenöl von Bastian Jordan, sowie das Sylter Meersalz, dass einfach köstlich ist. Im Anschluss folgt die Graupensuppe mit Mettwurst und die Bouillabaisse. Diese ist so wunderbar konzentriert und nach Krustentierfond schmeckend, der Safran darin sowie Fisch aus dem Atlantik und der Nordsee (welche auch immer) wissen wirklich zu überzeugen. Dazu gibt es ein mediterranes Foccacia mit Käse und dem Klassiker Sauce Rouille überbacken.
Im Hauptgang fällt die Wahl auf das Wiener Schnitzel und das Kotelett. Auch wenn beides handwerklich fast perfekt zum Gast kommt, ist es schade das die Schnitzelpanade doch etwas stark abblättert und durch die zu starke Fluffigkeit gar bröselig daher kommt. Vergleichen möchte ich das zumindest Sinnbildlich mit einem „brandigen“ Mürbeteig, welcher noch in rohen Zustand sich befindet. So lässt es sich nur schwerlich in der Symbiose von Panade und Fleisch zusammen im Mund genießen. Sicherlich etwas detailliert geschildert, aber vom Standpunkt und der Erwartungshaltung für ein solches Haus eine fachliche Erwähnung wert. Der dazugereichte Feldsalat ist ebenfalls eine Bemerkung wert, er ist im Gegensatz zu den handelsüblichen Blättern etwas „ledriger“, von der Struktur her bissfester oder „pelziger“, was den Ursprung dieses Salates und seiner (Winter-) Saisonalität eigentlich unterstreicht. Dieser winterliche Salat braucht vom Ursprung her eine stärkere Widerstandskraft bei kalten Temperaturen, die Produkte welche heute im Supermarket ja fast schon ganzjährig zu erhalten sind, haben tendenziell eher weniger damit zutun-einfach schön! Der Abschluss dieses handwerklich guten Essens, der Service sei hier auch erwähnt da er durchgängig sehr aufmerksam und zuvorkommend ist, bilden ein Espresso und ein Mini-Gugelhupf. Nach knapp 2 Stunden gepflegter Gastlichkeit heißt es Abschied nehmen aus diesem tollen lokalen Restaurant, dass am Rande erwähnt auch mit einem Stern Michelin in 2024 ausgezeichnet wurde.
Die Weiterfahrt führt über den Ruhrpott in die Studentenstadt Münster. Hier ist der von Mittwoch bis Samstag stattfindende Wochenmarkt ein Highlight, für welchen wir nocheinmal zurück kommen müssen. Der Besuch in der mit dem St.-Paulus-Dom im Zentrum liegenden Kirche auf jeden Fall eine Reise wert. Die vielen Giebelhäuser rund um das Rathaus sind beeindruckend, in ihnen sind heute diverse Geschäfte für das moderne Leben untergebracht, auch gute Kaffeekonzepte wie zum Beispiel Zeit für Brot direkt am Prinzipalmarkt sind einen Stop wert. Übrigens die belegten Brötchen sind jenseits der Qualität von einem Kamps und Co. Bei der Wahl auf das Walnussbrötchen mit Bergkäse merkt man die gute Bio-Qualität schon bei der Auswahl der Zutaten. Der Kräuterkäse erinnert leicht an ein Pizzagewürz, der Sauerrahm, der Honig und Senf machen aus diesen Snack wirklich eine gute Zwischenmahlzeit. Mit 5.50 Euro sicherlich nicht das günstigstes, aber sicherlich qualitativ ein sehr gutes wenn der Appetit ruft.
Auch erinnert Münster mit seinen vielen Radfahrern an holländischen Städte wie Leiden. Radfahrer-Alleen bieten zwischen alten Baubestand eine sehr gute Möglichkeit mit Flair sich von A nach B zu bewegen, ja bieten auch im Sommer eine gute Portion Schatten.
Fazit:
Fahr mal hin! Gut Essen zu gehen macht immer Laune, attraktive Städte zu besuchen sowieso. Zudem ist aus Düsseldorf gesehen die Anreise mit 1-2 Stunden pro Strecke sicherlich entspannt.
Euer Christian