Wer kann heute noch eine Sauce kochen? Die Frage ist sicherlich in Zeiten von Convenience etwas provokant, aber es gibt sie noch, die Spezialisten. Warum Spezialist? Nun ja, die Herstellung klingt vielleicht einfach, aber nur echte Saucen-Professoren bekommen die Glacé tatsächlich auf Sterne-Niveau hin. Vielleicht kann ich hiermit den einen oder anderen etwas inspirieren, weil das Ergebnis dieser Arbeit ist so gigantisch lecker, der Weg dorthin lohnt sich!
Die Zutaten für 150 ml Extrakt:
1,5 – 1,8 KG gesägte Kalbsknochen – 1,5 – 1,8 KG geviertelte Speisezwiebeln – 40 g Tomatenmark – 35 g Tomatenmark – 15 g Thymian – 50 g geschälten Selleriekopf – 30 ml Pflanzenöl
So wie fängt man das Ganze eigentlich an? Eines vorab! Wer nicht im Schloss lebt, wird einen angenehmen Duft von Röstaromen in der Wohnung vorfinden. Dafür heizt man den Umluft-Backofen auf 190 Grad vor, schiebt die gesägten Knochen hinein und beginnt für gute 60 Minuten an, zu Rösten. Wichtig ist, dass man auch hier, trotz Zeitangabe immer wieder das Bratgut kontrolliert. Warum? Schnell können die Knochen an den Außenstellen verbrennen. Das hängt immer davon ab, wie viel Fleischreste daran hängen. Beim Zwiebeln schälen, wird einem auffallen, wenn diese richtig frisch sind, das es zu Tränen kommen muss! Einer meiner ehemaligen Küchenchefs sagte einmal, Qualität kommt von quälen und das stimmt. Denn nur eine ultra-frische Zwiebel, verfügt über genügend beißenden Saft, welcher beim Anschneiden die eine oder andere Träne fließen lässt. Wenn diese geviertelt sind, werden sie entweder zu den Knochen im Ofen gegeben oder in einem Topf mit etwas Öl angebraten. Auch hier sollten keine schwarzen Stellen entstehen, diese würden später nur sensorisch als bitter wahrgenommen werden, was weniger schön ist. Anschließend die gerösteten Zwiebeln mit dem Tomatenmark unter ständigen Rühren mischen, die gut gerösteten Knochen hinzugeben und mit Wasser aufgießen. Warum nur Wasser? Zu diesem Zeitpunkt macht der trockene Rotwein für mich noch keinen Sinn. Er kommt erst später zum Einsatz und kann dann auch beliebig gegen einen Madera Wein ausgetauscht werden. So erhält man sich die Flexibilität und das Ergebnis, so kann ich versichern, lässt den Rotwein nicht vermissen! Dann noch das Selleriestück und den Thymian hinzugeben und ab geht die Herstellungs-Reise. Einmal bei hoher Temperatur aufkochen lassen, dabei wird an der Oberfläche eine gewisse Schaumbildung stattfinden, welche durch einen Löffel abgeschöpft werden sollte. Unter Fachkollegen nennt sich das degraissieren, was nichts anderes bedeutet als den Soßenansatz zu entfetten. Nach dem einmaligen Aufkochen, die Temperatur am Herd bitte herunterstellen, so dass nur noch ein Sieden wahrzunehmen ist. Das lässt man dann für 4-5 Stunden vor sich hin köcheln und über Nacht stellt wird der Herd natürlich ausgestellt. Am nächsten Morgen wird der braune Fond, auch Jus genannt, einmal aufgekocht und durch ein Haarsieb, welches mit einem Passiertuch ausgelegt ist, gegossen. Diese Jus kocht man nun vorsichtig ein um ungefähr 90%. Später wird sie dann mit reduzierten Rotwein und kalten Butterwürfeln zu einer feinen Sauce vollendet. Ableitungen gibt es natürlich viele, je nach Gusto können Kräuter hinzugegeben werden oder anstatt der Butter rührt man ganz klassisch die Gänseleber oder Trüffel hinein.
Aufbewahren lässt sich das Produkt hervorragend für 1-3 Wochen im Kühlschrank, für länger würde ich dann doch lieber die Tiefkühltruhe nehmen. Der Geschmack dieses oft in der Spitzenküche verwendeten Produktes, ist so von umami geprägt und wird zu Fleischgerichten aus dem Kurzbratbereich angegossen. Umami ist übrigens der 5. Geschmackssinn, neben süß, salzig, bitter, sauer und wurde erst 2000 wissenschaftlich nachgewiesen.
Fazit: Es ist die Arbeit wert und bei mehrfachen herstellen, kommt die Routine sowie ein Spitzenprodukt dabei heraus.