Nicht das Tokio außerhalb von Japan liegen würde, aber es ist einfach eine Sondererwähnung wert!
August 2010, meine erste Reise nach Japan, in das Land der Samurai.
Warum? Für 1111 Euro der LH Fasenachtspromotion nach Tokio in C am 11.11 gebucht!
Die japanische Küche hat schon immer fasziniert, seit dem ich mit Japanern in Neuseeland und der Schweiz zusammen gearbeitet habe. Nach außen immer kühl und relaxt, akkurat arbeitend, mich auslachend für „stumpfe Messer“. Im Umkehrschluss sind die Kollegen natürlich über alles in ihre Messer verliebt. Von ihnen lernte ich auch das die Marke beim japanischen Messer, einer der besten Messermanufakturen weltweit, überschätzt ist. Jeder kennt Global, wer hingegen kennt Mizuno? Ein Produkt das seine Wurzeln in der Schwertfisch Industrie hat und von sich auszeichnet durch hervorragende Qualität.
Am 28.August geht es von Frankfurt aus los mit einem upgrade in der First. Das auch noch zwischenzeitlich ein Fluggeräte-Wechsel stattfindet stört mich nicht. Von einer betagten 747 auf die erste A380 der Lufthansa erhöht natürlich die Vorfreude.
Abflug ist 12:50 und nach 3 Minuten ist man am First Class Terminal in Frankfurt eingecheckt und durch die „x ray“ hindurch.
Das Buffet hat 5 Sterne Niveau, die Weinkarte ist mehr als aussreichend und mit sehr guten Gewächsen aus aller Welt bestückt. Ein vollständiges Badezimmer mit der Option einer Massage wird auch angeboten, die Cigar Lounge lädt für ein kubanisches Tabakblatt ein.
Der Transfer über das Rollfeld im Cayenne erfolgt so ziemlich wenn schon alle Gäste an Bord sind.
Im Flugzeug angekommen sticht das neue Design ins Auge, welches simple gesagt, „nur bequem“ ist und beruhigend wirkt. Das F&B Angebot ist hanseatisch „lean“ und entspricht dem Anspruch an eine First Class. Japan ist und bleibt eine Prestigestrecke und im Vergleich zu Rennstrecken hebt sich das Niveau über alle Klassen hinweg ab, wenn man den Vergleich zu Frankfurt-New York zum Beispiel nimmt.
Nach 10.5 Stunden landet die A 380 sicher auf dem Narita Airport.
Per Express geht es in die Stadt und durch die Zeitumstellung von 7 Stunden holt mich auch ein wenig der jetlag ein.
Das U-Bahn System ist vielleicht das beeindruckenste der Welt. Auf den grosszügig ausgelegten tube stations sind es mehrere Level, eine unfassbare Anzahl an Menschen läuft zur rush hour durch diese Gänge und ich vermag mir nicht vorzustellen was Tokio ohne seine tube wäre!?
Nach dem Hotel check-in die erste Begegnung mit einer japanischen high-tech Toilette. Nicht das es hier unbedingt hingehört, aber das ist simply spooky! Beim Versuch den Spülvorgang auszulösen passiert es, dass der Deckel nach oben gestellt ist. Der Vorgang startet und dabei spritzt eine Düse, welche urplötzlich zum Vorschein kommt, direkt Richtung Decke-nice!
Etwas irriert schaue ich zu, um dann schnell zu realisieren das die Japaner Reinheitsfanatiker sind, so wie die Deutschen beim Bier – toller Vergleich!
Es ist nun schon früher Abend und flanierend geht es durch die Stadt mit Ihren unzähligen Bars, Geschäften, immer vollen Strassen und einem Sprachgewirr das gänzlich fremd ist.
Neben hervorragenden Sushi, unter anderem esse ich dies am Fishmarket, geniesst man gute bis sehr gute Produkte bei Joel Robuchon. Dieser Name kommt, wie wir alle wissen, natürlich aus Frankreich. Der ehemalige 3 Sterne Koch hat französische Backqualitäten nach Japan in Perfektion gebracht.Gepaart mit einer tollen Produktpräsentation ist das „classic french pastry“ weitaus mehr als nur genussfähig und der doppelte Espresso rundet es ab.
Weitere Szeneviertel sind „Shibuya“, „Roppongi“, „Shinjuku“, wo die Cocktail Bar im Park Hyatt für den „Apero“ empfehlenswert ist, gepaart mit einem unfassbaren Aussicht auf die glitzernde Stadt – 45.Stock/ca.235m.
Tokio ist übrigens auch die Stadt der Welt mit den meisten Michelin Sternen, dass gastronomische Niveau ist nirgendwo höher als hier, zumindest auf dem Papier, denn der Guide Michelin irrt nicht!
Allgemein scheint der Bezug zu Lebensmitteln ein ganz anderer zu sein als in vielen Nationen. Eines meiner Homepage Bilder ist dort entstanden, die eckigen, Kühlschrank gerechten Melonen, welche je nach Sorte bis zu 80 US-Dollar pro Stück kosten. Andernorts findet man jede Frucht individuell eingepackt und mit bis zu 2 Euro für einen Apfel bietet sich ein ganz anderer Produktmarkt als zuhause.
In meiner Zeit in Neuseeland habe ich auch einen Tag die Apfelernte begleitet. Nicht wirklich spannend, im Kontext mit dieser Reise wiederum schon! Die Äpfel wurden damals ca.8 Wochen vor der finalen Ernte mit einer blauen Papiertüte umwickelt, damit nicht zuviel Sonne an den Apfel kommt, was sich ja auf die Farbe auswirkt. Dann ca.2 Wochen vor der eigentlichen Ernte wurde der Apfel wieder ausgepackt und erhielt durch die letzten Sonnenstrahlen eine pinke Schale. Auf meine Frage wer solche Äpfel abnimmt erhielt ich damals die Antwort, dass diese für den japanischen Markt angebaut werden. Der Apfel wäre in einer Blindverkostung geschmacklich niemals über den eines Braeburn oder Pink Lady hinausgekommen, dafür sah er farblich perfekt aus.
Bevor es mit dem bullet train weiter Richtung Mt.Fuji geht, zieht es mich um 4.30 auf den weltbekannten Tokioter Fishmarket. DER Fishmarket wenn es um den Handel von frischen Fisch geht. Diese Ware und besonders der Thunfisch ist so begehrt, dass er in überdimensionalen Weinkisten transportiert wird. Die Eindrücke sind bis heute haften geblieben und ich muss sagen dieser Markt ist vielleicht der Imponierendste, neben dem Rungis Express in Paris, welchen ich je in meinem Leben besucht habe. Das Seafood Angebot ist so überwältigend und vom Thunfisch geprägt, dass es mir einen guten Eindruck verschafft wie fanatisch die Japaner sind, wenn es um die Qualität der Delikatesse geht. Es ist so „busy“, überall Händler auf kleinsten Raum, viel Fisch, Eis und schnelle Transporter, die die 2m grossen Kisten von A nach B bringen. Als Europäer, oder klar erkennbarer Nicht-Japaner, ist man nur bedingt gern gesehen, beziehungsweise auch oft im Weg. Fast jeder ganze Thunfisch hat hinten die Flosse abgeschnitten, einmal aus Platzgründen für das Verladen in die Kisten und zweitens wegen dem Frische- und Farbtests des roten Goldes. Als Frühstück gibt es rohen Fisch und Reis köstlich auch um 7.00 Uhr morgens. Wenn man einmal den Eindruck von dieser Ware im Leben erhalten hat, diese Fazination Fisch spürt und erlebt, vergisst man fast das der Thunfisch brutal überfischt ist und so in seiner Form uns nicht mehr allzulange erhalten bleiben wird. Er ist grenzenlos überfischt, ein doppeltes Trauerspiel wenn mindere Qualitäten dann auch noch in der Konserve verschwinden, um an einer Salatbar des Caterers oder der Tankstelle „unterzugehen“!
Mit dem„Shinkansen“, dem japanischen „ICE“, geht es Richtung Binnenlandschaft. Das ist Perfektion, wonach hiesige Unternehmen vergeblich suchen und schwerlich rankommen werden. Auf hochfrequentierten Strecken doppeln sich die Züge, um nicht in jeden Bahnhof halten zu müssen. Hier ist nicht alle Stunde angesagt, sonder teilweise alle 20 Minuten. Alle Züge müssen gleich lang sein, da durch eine Art Gitter am Bahnsteig der Zugang exakt definiert ist. Die Vorstellung das er einmal länger oder kürzer ist und nicht exakt hält, somit die Menschen nicht ein- und aussteigen könnten, ist in diesem von Perfektion geprägten System nicht angedacht. Wenn die Deutsche Bahn mal die Wagons in verkehrter Richtung, oder „heute fällt Wagen 22-26 aus betrieblichen Gründen aus“ durchsagt, würde es hier nicht mehr funktionieren.
Auf dem Weg nach Kyoto, welches für seine Tempel und Gärten bekannt ist, mache ich Station in Hakone. Eine beliebte ländliche Region nicht unweit vom Mt.Fuji. Diesen zu besteigen habe ich im Jahr 2010 erstmal „vertagt“, irgendwie fehlt die Kondition. Der „walk“ ist bei den Japanern sehr beliebt, selbst 70+ ist oft dabei und bei vielen Japanern steht die Besteigung so hoch im Kurs, dass es ein „muss“ ist diesen einmal im Leben erklommen zu haben. Ich geniesse von Hakone aus das Panorama auf den Berg und verspüre nicht den Drang die Spitze zu erklimmen. Vor Ort gibt es Ramen mit Soba, eine Art Weizennudel, welche oft auch aus Buchweizen hergestellt wird.
Nach 2 Tagen und einigen Wanderungen ist Kyoto in der Region Kansai die fast finale Station. Die Region spiegelt ebenfalls das sehr traditionelle Japan wieder. Zen Gärten, historische Tempel, insgesamt mit 17 Unesco Weltkulturerbe Stätten allein, bieten theoretisches Programm für mehrere Wochen. Ich beschränke mich auf die „top spots“, zum Beispiel „Ghi-ohji“, „Saiho-ji“ oder „Kinkaku-ji“, welche perfekt gepflegte Gartenanlagen sind, mit ihren integrierten Shrines oder Tempeln.
Mittags wähle ich aus dem reichhaltigen „to go“ Angebot, unter anderem einen Sandwich mit Schnitzel, dem Tonkatsu. Ob die Österreicher in der Vergangenheit einmal Japan besetzt hielten?
Wohl eher nicht und deshalb geht es Abends im Schneidersitz die Restaurantküche Kyotos erkunden. Selbstverständlich roher Fisch, kleine feine Rindfleischröllchen mit jungen Lauch und japanischen Bier. Die Köche arbeiten still und direkt hinter der Bar, wo es sonst immer nur Getränke gibt. Diese oder ähnliche Konzepte kenne ich zum Beispiel aus Barcelona, Weinservice und Kochen direkt hinter dem Tresen, aber hier wirkt alles estätisch, nach Perfektion strebend konzentriert.
Die Perfektion ist dann auch das Thema bei „Geishas“. An verschiedensten Ecken der Stadt sieht man diese so perfekt gedressten Damen auf dem Weg von oder zum nächsten Job. Wer mehr wissen möchte googelt einfach, falls die Definition nicht bewusst ist.
An den letzten 2 Tagen statte ich der Region „Izu-Hanto“ einen Besuch ab, einer Halbinsel südlich von Yokohama. Erneut ist das Transportmittel „Shinkansen“ erste Wahl. Dabei rauschen Reisfelder und kleine Siedlungen bei Tempo 250 vorbei, sprich eher das ländliche Japan ausserhalb der Megacities und um einiges traditionsbewusster.
Warum „Izu-Hanto“? Der Pazifik zieht!Das exotische Sommerklima im August und die laid-back Stimmung machen diesen Ort sehenswert. Shimoda ist „final stop“ und dort beziehe ich meine Schlafstätte, ein klassiches „Ryokan“. Seit Mitte des 17.Jahrhundets beherbergt das „Yukairo Kikuya“ die Gäste und es passt sehr gut wenn der Lonely Planet schreibt, dass es „delightful“ ist. Die Mischung aus europäischen und japanischen Möbelstücken ist einfach, aber auch stillvoll und sauber!
Abends ein walk durch die Stadt und wie fast überall in den reichen Staaten Asiens und Städten Japans, fallen einem die Schauteller im Restaurantfenster ins Auge. Ja hier wird nicht täglich angerichtet, sondern oft „optikecht“ in Plastik gegossen präsentiert. Ab und an wird in der Vitrine abgestaubt, dann sieht das Gericht täuschend echt aus und Überraschungen für den Gast sind eher selten.
Beliebt in Asien sind die kleinen Feuerplätze welche direkt auf den Tisch gestellt werden. Auf diesem Minigrill liegt dann der Fisch oder das Fleisch, vielleicht auch mal das Gemüse und bruzzelt a la minute vor sich hin.
Auch zu empfehlen ist Mittags eine „Bento Box“ mit allerlei Köstlichkeiten.
Seit meiner Zeit bei den Sky Chefs und den Kooperationen mit Köchen aus aller Welt weiss ich wie extrem die Japaner auch auf Aal fixiert sind. Dieser wird oft glasiert, mit einer süsslichen und Soja ähnlichen Sosse, dazu Reis und andere Fischfilets. Das mit den Stäbchen hat zum Glück auch schon vorher gepasst, was mir vom lokal fachlich geschulten Publikum bestätigt wird.
Den letzten Abend, zurück in Tokio, schlendere ich durch diese immer volle Stadt, geniesse ein letztes Mal eine gute Portion Sushi und Sashimi in Roppongi, bevor es dann am frühen Vormittag zurück nach Frankfurt geht. Die „blaue Rutsche“ im Oberdeck der A 380 ist hart aber halbwegs bequem, der „chattige“ Australier neben mir, welcher nach London fliegt und direkt aus Sydney kommt, bestätigt mir innerlich, dass ich eigentlich in die „falsche Richtung“ fliege.
Fazit: „Fahr mal hin“!
Euer
Christian